Lohnabstandsgebot

Lohnabstandsgebot ist obsolet

Die Flexibilisierung hat das Lohnniveau bei teils massiven Preissteigerungen stabilisiert. Niedriglohn senkt Kosten und verschafft gute Gewinne nicht nur bei großen, sondern auch bei vielen kleinen und mittleren Betrieben. Das viele Geld fließt aber nicht in die Wirtschaft zurück, sondern wird weltweit auf den Finanzen verzockt bis es zum Crash kommt. Vollbeschäftigung durch Verarmung - Nein danke. Selbst eine nur dreiköpfige Familie im Niedriglohnbereich kann heute mit Vollzeitarbeit kein menschenwürdiges Existenzminimum mehr garantieren. Die Lohnspirale nach unten macht das Lohnabstandsgebot obsolet und wurde zu Recht im 12. Buch des Sozialgesetzbuchs abgeschafft.

Die Tabelle zeigt die Entwicklung der Arbeitsstunden der Arbeitnehmer. Die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden pro Vollzeitbeschäftigten sinkt. Die von Teilzeitkräften steigt. Insgesamt sinkt das Arbeitsvolumen.

   Dabei finden sich zwei Aussagen. Einmal, dass der Arbeitsgesellschaft die bezahlte Arbeit in absehbarer Zeit wohl nicht ausgehen wird. In den letzten vier Jahrzehnten zeigt sich eine fallende Tendenz bei der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden, die in guten konjunkturellen Phasen gebremst, aber grundsätzlich nicht umgekehrt wird. Nach der Arbeitszeitrechnung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) werden derzeit in Deutschland insgesamt 56 Milliarden Stunden gearbeitet. Betrachtet man nur die abhängig Beschäftigten sind es 46,9 Mrd. Arbeitsstunden bezahlter Arbeit.

   Hinter dieser Entwicklung steckt eine zweite Erkenntnis. Anders als in den 1980er Jahren von vielen erhofft, ist es nicht zur Arbeitszeitverkürzung mit vollem Lohnausgleich gekommen. Die Schwäche der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter war sicherlich eine Hauptursache beim Downgrading der Löhne. Mittlerweile gehört es zur bitteren Wahrheit, dass durch Teilzeit, atypische und meist prekäre Erwerbsarbeit die Löhne auf breiter Front stagnieren oder sinken. Die Ausdehnung des Niedriglohnsektors bewirkt, dass sich die Menschen begnügen und immer schlechtere und schlechter bezahlte Arbeit annehmen müssen.

   Während die Arbeitnehmer vieler europäischer Länder eine Lohnparty feiern konnten, sitzen wir immer noch im dunklen Keller und erleben einen ausgetrockneten Binnenmarkt. Die Exportkonjunktur galoppierte und bescherte großen wie kleinen Firmen gehörige Extraprofite. Doch wohin damit? Immoblienbesitz in Griechenland oder Spanien war für viele Anleger attraktiv. Doch als Umsätze und Einnahmen wieder schrumpften, wurde Geld in einer Art Massenpanik Hals über Kopf dort wieder abgezogen. Die Folgen für Länder des Mittelmeerraumes und der EU sind bekannt. Auch wenn ein Zusammenhang mit der Flexibilisierung des Arbeitsmarkts augenfällig erscheint, so lässt sich zumindest die Zeitparallele nicht leugnen.